Hohenheimer Reifenmodell ?EUR? ein dynamisches dreidimensionales Modell für Fahrdynamiksimulation
Abstract
In den letzten Jahren ist die maximale Fahrgeschwindigkeit von Ackerschleppern auf 60 km/h angestiegen und mit ihr auch die Komfort- und Sicherheitsanforderungen an die Fahrzeuge. Auf Grund hoher Kosten haben jedoch die meisten Ackerschlepper keine Hinterachsfederung, so dass die gesamte Federungs-und Dämpfungsarbeit von den Reifen geleistet wird. Ihre eher schlechten Dämpfungseigenschaften, verschiedene Anregungen während der Fahrt sowie eventuell eine ungenügende Abstimmung der verschiedenen Fahrzeugkomponenten aufeinander, beispielsweise der Kabinen- und Vorderachsfederung, können zu kritischen Fahrzuständen und im Extremfall sogar zum Verlust der Fahrzeugkontrolle führen. Diese Fahrzustände können mit Hilfe eines Mehrkörpersimulationsmodells (MKS-Modell) in einer frühen Entwicklungsphase erkannt werden. Da der Reifen das direkte Verbindungsglied zwischen Fahrzeug und Fahrbahn dar-stellt, hat er einen sehr großen Einfluss auf das Fahrverhalten. Daher ist ein genaues Reifenmodell als wesentlicher Bestandteil eines Fahrzeugmodells erforderlich. Verschiedene bekannte Reifenmodelle, die auf Pkw-Reifen spezialisiert sind, können nur bedingt für die Modellierung weicher, stark nichtlinearer Ackerschlepperreifen mit ihrem großen Einsatzbereich eingesetzt werden. Deswegen wird an der Universität Hohenheim ein dreidimensionales dynamisches Modell für landwirtschaftliche Reifen entwickelt. Obwohl das Hohenheimer Reifenmodell auch zur Drehmomentenberechnung eingesetzt werden kann, befasst sich der folgende Artikel ausschließlich mit der Berechnung der am Rad auftretenden Kräfte. Das Hohenheimer Reifenmodell ist in MATLAB/Simulink eingebunden und kann über die MATLAB Co-Simulationsschnittstelle mit beliebiger Mehrkörpersimulationssoft-ware kombiniert werden. Es wurde am institutseigenen Flachbandprüfstand und der Einzelradmesseinrichtung verifiziert, die auch zur Parameterbestimmung verwendet werden. Beide Prüfstände wurden dazu in SIMPACK modelliert. Schließlich wurde das Reifenmodell mit einem MKS-Modell eines Ackerschleppers kombiniert. Erste Vergleiche der Simulationsergebnisse mit Messungen zeigen die Fähigkeit des Hohenheimer Reifenmodells das instationäre Verhalten der Reifen innerhalb des fahrdynamisch relevanten Frequenzbereichs wiederzugeben.